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Birgit Bärnreuther
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Zusammenfassung: Die Fokusgruppen-Methode ist nicht geeignet, um Bedürfnisse und Meinungen Ihrer Nutzer herauszufinden. Sie eignen sich eher für die Ideengenerierung. Warum Tiefeninterviews eine bessere Methode für die Meinungsforschung sind, erfahren Sie in diesem Artikel.

„Wir möchten gerne eine Fokusgruppe befragen, um zu wissen, was die Leute denken.“

Solche Anfragen treffen öfter bei uns ein. Dass mit dieser Methode die gewünschten Erkenntnisse jedoch nur schwer gewonnen werden können, ist den meisten dabei nicht bewusst. In einem unserer Kundenprojekte wollte beispielsweise ein Möbelhersteller erfahren, wie sich Möbelkäufer über das Thema Möbel informieren oder wo und wie sie ihre Möbel beziehen. Keine Fragestellungen, die man wirklich in einer Fokusgruppe klären könnte. Denn:

Fokusgruppen sind keine geeignete Methode, um Bedürfnisse, Verhalten und Einstellungen zu erfragen.

Wenn Sie schon einmal an einem Meeting mit mehreren Teilnehmern teilgenommen haben, werden Sie das kennen: Es wird viel durcheinandergeredet oder diskutiert. Der mit der stärksten Stimme wirft seine Ansicht in die Mitte und plötzlich traut sich niemand mehr zu widersprechen, während eher zurückhaltende Personen gar nicht zu Wort kommen. Können Sie hier erfahren, was jeder einzelne Teilnehmer zu dem besprochenen Thema denkt?

Was sind Fokusgruppen?

Fokusgruppen gehören zu den qualitativen Forschungsmethoden und sind moderierte Gruppendiskussionen. Hier werden Meinungen und Ideen ausgetauscht, diskutiert und manchmal sogar zerpflückt. Eine Gruppe besteht dabei aus mehreren Teilnehmern, die nach bestimmten Kriterien wie z. B. Alter oder Grad des Interesses am Thema eingeladen werden. Die Rolle des Moderators besteht u.a. darin, die Diskussionsfragen vorzugeben und für eine möglichst ausgeglichene Beteiligung aller Teilnehmer zu sorgen.

Nachteile von Fokusgruppen

Fokusgruppen unterliegen stark der Gruppendynamik. Zwischenmenschliche Effekte wie Sympathien oder Antipathien zwischen einzelnen Teilnehmern können dazu führen, dass sich Personen der Meinung eines anderen kritiklos anschließen und zu allem „Ja“ und „Amen“ sagen, was der andere äußert, oder stets die gegenteilige Position vertreten. Genauso kann die Dominanz einzelner Teilnehmer der Gruppe dazu führen, dass manche ihre Meinung lieber zurückhalten, um keinen Konflikt zu erzeugen.

Dies führt zu Schwierigkeiten, die gefundenen Probleme oder Erkenntnisse mit Aussagen zu belegen. Zwei Teilnehmer äußern beispielsweise ihre Meinung, während die anderen nur noch bekräftigend nicken oder den Kopf schütteln. Außer einem allgemeinen Eindruck von Zustimmung oder Ablehnung erfasst man dabei also nicht viel, und besonders nicht die jeweilige differenzierte Meinung.

Aber warum nicht einfach jeden noch einmal explizit nach seiner Meinung fragen? Das ist entweder aus Zeitmangel kaum möglich (immerhin dauert eine Fokusgruppe eh schon 2-3 Stunden), oder der Teilnehmer hat sich von der Meinung des anderen bereits so überzeugen lassen, dass er seine eigene Meinung aufgegeben hat.

Auch wenn es darum geht, die Anforderungen und Bedürfnisse der einzelnen Teilnehmer miteinander zu vergleichen, sind Fokusgruppen eher ungeeignet. In Einzel-Tiefeninterviews lassen sich die Lebenswelten der Teilnehmer tiefer verstehen, was es erlaubt, differenziertere Schlussfolgerungen über ihre Bedürfnisse und Pains zu treffen. Bei der Fokusgruppen-Methode ist dies aufgrund der Gruppendynamik nicht möglich. Keine Fokusgruppe ist wie die andere, jede wird geprägt von ihren Teilnehmern und deren Persönlichkeit, Wissen und Einstellungen und wie die Teilnehmer sich gegenseitig beeinflussen. Während Einzelinterviews die Vielfalt der Anforderungen und Lebenshintergründe aufzeigen, wird diese Vielfalt in Fokusgruppen nivelliert. Im schlimmsten Fall haben Sie beispielsweise 28 Teilnehmer in vier Fokusgruppen befragt und kriegen am Ende statt 28 Eindrücken von den unterschiedlichen Lebenswelten nur vier.

Die Konsequenz

Setzt man die Fokusgruppen-Methode falsch ein, können die ungenauen Aussagen oder voneinander beeinflussten Meinungen zu dramatischen Fehlentscheidungen in der Produktentwicklung führen. Stellen Sie sich vor, nur weil sich niemand getraut hat, dem dominanten Gruppensprecher zu widersprechen, optimieren Sie in eine Richtung, die eigentlich niemandem außer dieser einen Person so richtig gefällt.

Wofür eignen sich Fokusgruppen denn dann?

Wenn man sich bewusst ist, dass Fokusgruppen nicht der Erfassung von Einzelmeinungen dienen, kann es ein mächtiges Werkzeug sein und einzigartige Erkenntnisse generieren. Fokusgruppen sind die Methode der Wahl, wenn es um das Generieren von Ideen geht. Sie möchten gerne erfahren, welche neuen Produktfeatures Ihre Kunden begeistern könnten? Oder kreative Lösungsansätze für konkrete Probleme sammeln? Dann ist eine Fokusgruppe ideal geeignet.

Hier kann man gemeinsam Ideen erst in einer Brainstorming-Runde zusammentragen und Pro- und Kontra-Argumente sammeln und sich gegenseitig inspirieren. Der Austausch fördert die Kreativität, viel mehr, als es der Fall bei einem Einzelinterview wäre.

Fazit

Fokusgruppe = geeignet für Ideengenerierung

Einzel-Tiefeninterview = geeignet um individuelle Bedürfnisse/Denkweise/Einstellung zu einem Thema zu erfassen

Fokusgruppen lassen sich übrigens auch sehr gut remote durchführen: Best-Practices für Remote-Fokusgruppen

Über den Autor

Friederike Waterstrat

Senior UX-Researcherin bei Userlutions

„UX’ler sind wie Meerschweinchen: Eins allein geht ein.“ Das ständige Interesse am fachlichen Austausch sowie ihr akademischer Hintergrund der Mensch-Maschine-Interaktionen haben Friederike zu vielfältigen Projekten verholfen. So entstanden beispielsweise Personas für RTL2, die HanseMerkur und meinUnterricht.de.

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