Zusammenfassung: Personas sind eine gute Möglichkeit, Ihre Zielgruppe besser kennenzulernen, ein gemeinsames Zielgruppen-Verständnis im Team zu schaffen und sie erleichtern es, neue Features abzuleiten und zu priorisieren. Was genau sind Personas? Wann und wie werden sie verwendet? Wie werden sie erstellt und was gilt es dabei zu beachten?

 

Stellen Sie sich vor, das Unternehmen Calender-to-go möchte eine neuartige Kalender-App entwickeln.

Jeder im Team hat eigene Vorstellungen, was die Nutzer brauchen, schließlich haben sie ja selbst schon diverse digitale Kalender ausprobiert.

Sie konzipieren und entwickeln also drauf los – hier wird ein Feature hinzugefügt und da wieder eines gestrichen und nach einiger Entwicklungszeit ist sie fertig, die App.

Beim Markteintritt dann die böse Überraschung: Kaum jemand will die App herunterladen und wer es doch tut, nutzt sie nicht regelmäßig.

 

Was lief hier falsch?

Statt mit ihren (potentiellen) Nutzern hatte sich Calender-to-go vor allem mit sich selbst beschäftigt. Welche Features ihre Zielgruppe tatsächlich benötigt und bei anderen Kalender-Apps vermisst, war ihnen bei der Entwicklung nicht bewusst – ihnen fehlte das nötige Zielgruppenwissen.

Eine gute Möglichkeit, seine Zielgruppe besser kennenzulernen ist die Erstellung von Personas. Sie sorgen für ein gemeinsames Zielgruppen-Verständnis im Team und erleichtern es, neue Features abzuleiten und zu priorisieren.

Mit Personas hätte das Team von Calender-to-go ganz andere Entscheidungen getroffen und eine für ihre Zielgruppe nützliche App entwickelt.

Doch was genau sind Personas? Wann und wie werden sie verwendet? Wie werden sie erstellt und was gilt es dabei zu beachten? Diese Fragen möchten wir Ihnen in einer Blogartikel-Serie beantworten.

Was sind Personas?

Nehmen wir an, die Zielgruppe von Calender-to-go sind terminbewusste 20- bis 40-Jährige. Für das Unternehmen ist das zwar eine wichtige Erkenntnis – diese Zielgruppe als homogenes Ganzes zu betrachten, wäre allerdings fatal und hilft auch nicht bei der Feature-Entwicklung.

Vielmehr besteht eine Zielgruppe aus Einzelpersonen, mit ganz spezifischen Eigenschaften, Bedürfnissen und Pain-Points. Diese individuellen Interessen und Ansprüche lassen sich jedoch gruppieren, sodass prototypische Nutzer entstehen, die charakteristische Eigenschaften der zentralen Nutzergruppen widerspiegeln.

Diese Nutzergruppen helfen dabei, Produktanforderungen abzuleiten und Features zu priorisieren. Sie werden als Personas bezeichnet. Ein Produkt hat meist mehrere Personas. Mit wie vielen Personas Sie anfangen sollten, verraten wir in Teil 2.

Am Ende entstehen sprechende Nutzer-Repräsentationen, die für bestimmte Wünsche, Bedürfnisse und Ansprüche stehen und einen Einblick in die Lebenswirklichkeiten der Nutzer geben.

Darf ich vorstellen: Petra Plan, eine mögliche Nutzerin von Calender-to-go. Sie plant ihren Tag ganz detailliert, trägt Termine schon lange im Voraus ein und hat Angst, Verabredungen zu verpassen.

So sieht ihr Persona-Steckbrief aus:

Persona Profil Beispiel

Die Ursprünge der Personas

Offiziell wird die Entwicklung der Persona-Methodik Alan Cooper zugeschrieben, der sie in den 90er Jahren in seinem Buch „The Inmates Are Running the Asylum“ vorstellte. Man munkelt aber, Xerox Parc und Apple hätten bereits in den 80er Jahren Personas eingesetzt.

In der Anfangszeit des Personal-Computers identifizierten sie Sekretärinnen und Manager als relevante Zielgruppen. Aus dieser Perspektive stammen Metaphern wie Papierkorb und die Aktenordnerstruktur, welche wir auch heute noch auf unseren Rechnern nutzen.

Personas unterstützten Unternehmen also wohl schon in den 80er Jahren dabei, die Sprache ihrer Nutzer zu verstehen und zu sprechen.

Warum Sie mit Personas bessere Produkte entwickeln

In Unternehmen gibt es drei problematische Situationen in denen mangelnde oder schlichtweg falsche Annahmen über die Nutzer zu schlechten Entscheidungen führen.

Hier können Personas einen großen Unterschied machen:

1. Situation: Niemand im Team hat ein klares Bild vom Nutzer

Wenn Sie Ihre Zielgruppe nicht genauestens kennen, werden Produktentscheidungen auf Basis persönlicher Meinungen bzw. des individuellen Geschmacks und der Wahrnehmung der Team-Mitglieder getroffen. Gerade Produktmanager sind sehr technikaffin und haben eine extrem detaillierte Sichtweise – die typischen Nutzer des Produkts sind sie damit in den wenigsten Fällen.

In dieser Situation hat jeder Mitarbeiter aus seiner Sicht gute Argumente, wodurch sich in Diskussionen Fronten bilden können, die nur schwer zu beseitigen sind. So kommt es zu harten Auseinandersetzungen im Team, die oft auch noch am eigentlichen Thema vorbeigehen.

Man führt Grabenkämpfe um Irrelevantes.

 

Mit Personas: Jeder hat ein klares Bild vom Nutzer:

Wenn Personas im Unternehmen genutzt werden, dominiert der persönliche Geschmack der Team-Mitglieder nicht mehr die Diskussionen und Entscheidungen. Stattdessen wird gefragt: „In welcher Situation ist Petra Plan gerade? Was braucht sie in dieser Situation?“

  • Personas helfen dem Team, Empathie mit ihren Nutzern aufzubauen
  • Das Team kann den notwendigen Perspektivwechsel vornehmen
  • Produktentscheidungen treffen sie aus der Perspektive der Nutzer
  • Es gibt keine Diskussionen mehr über persönliche Ansichten

bessere Meetings mit Personas
Keine unnötigen Diskussionen mehr

2. Situation: Im Team gibt es widersprüchliche Vorstellungen vom Nutzer

In dieser Konstellation verschärfen sich die Diskussionen sogar. Jeder im Team spricht über verschiedene Nutzergruppen und alle reden fortwährend aneinander vorbei. Immerhin gibt es in diesem Szenario ein echtes Ringen um die wahren Bedürfnisse des Nutzers. Die verschiedenen Ansichten führen allerdings zu starken Konflikten, die oft zu keinem Ergebnis oder einem falschen Kompromiss führen.

Produktentscheidungen, die mit einem Kompromiss enden, erfüllen nur die Bedürfnisse der Teammitglieder und selten die Bedürfnisse der Nutzer.

 

Mit Personas: Das Team redet nicht mehr aneinander vorbei

  • Das Team entwickelt ein gemeinsames Verständnis der Nutzer
  • Sie können verschiedene Nutzergruppen einfach benennen
  • Diskussionen und Priorisierungen verlaufen klarer und zielführender
  • Die Meeting-Effizienz verbessert sich durch die gesteigerte Diskussionsqualität

besser priorisieren mit Personas

Priorisierungen fallen leichter mit Personas

3. Situation: Das Team hat ein klares Bild vom Nutzer. Leider entspricht dieses aber nicht der Realität.

Mit falschen Personas: Dieses Team hat verstanden, dass Produktentscheidungen aus Nutzersicht getroffen werden müssen. Sie haben sich intensiv mit den Nutzern beschäftigt, alle Annahmen über die Nutzer entsprangen jedoch den Köpfen des Teams und wurden nicht überprüft. Leider treffen sie daher trotzdem die falschen Produktentscheidungen.

Werden Produktentscheidungen auf Basis falscher Annahmen getroffen, wird das Produkt für die falsche oder eine gar nicht existente Zielgruppe entwickelt.

 

Mit realistischen Personas: Das Team entwickelt für den richtigen Nutzer

  • Personas geben dem Team eine klare und präzise Vorstellung der Anforderungen seiner verschiedenen Nutzergruppen
  • Durch die Fokussierung auf die Nutzeranforderungen wird permanent Mehrwert für die Nutzer geschaffen, wodurch das Produkt erfolgreicher wird.

Mit Personas bessere Produkte entwickeln

Das Team hat bei der Entwicklung immer den richtigen Nutzer im Kopf

Fazit: Personas helfen bei der Entscheidungsfindung und verbessern das Betriebsklima

  • Personas sorgen für ein Verständnis der eigenen Nutzer im ganzen Unternehmen
  • Die Mitarbeiter entwickeln Empathie für die Nutzer und können sich besser in ihre Lage hineinversetzen
  • Sie ermöglichen es, bessere Produktentscheidungen zu treffen
  • Sie erleichtern die Priorisierung von neuen Features
  • Sie steigern die Diskussionsqualität
  • Auch das Marketing profitiert von Personas bei der Kampagnenplanung

Stellen Sie sich vor, Calender-to-go hätte vor der App-Entwicklung Personas erstellen lassen oder selbst erstellt. Sie hätten genau gewusst, was Petra Plan und die anderen Nutzer von der App erwarten und welche Features sie brauchen. Der gesamte Entwicklungsprozess wäre an den Nutzern ausgerichtet worden und die App wäre vermutlich zu einem Erfolg geworden.

In Teil 2 unserer Persona-Serie erfahren Sie, wie Sie valide Personas mit Hilfe von User-Research erstellen können: Teil 2: Mit User-Research valide Personas erstellen

Über den Autor

Claudia Sinnig

UX-Lead bei CLICKDOC

Claudia hat unsere Kunden viele Jahre lang in allen Phasen des Human-Centered-Design-Prozesses von der Projektplanung bis zum finalen Design begleitet, darunter BMW, BOSCH, SIEMENS und Melitta. Inzwischen ist sie UX-Lead bei CLICKDOC.

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